Spielekönig

Aus Braillespiel
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In der Zeitschrift "Der Blindenfreund" von 1907 gibt es einen Beitrag über einen alten Fastnachtsbrauch der Chemnitzer Blindeneinrichtung.

"Die Königliche Blindenanstalt (Landesanstalt Chemnitz-Altendorf) feierte auch dieses Jahr in althergebrachter Weise Fastnacht. Die männlichen Zöglinge rüsten sich bereits das ganze Jahr vorher zu dem Schach-Wettkampf, den sie an diesem Tage auszufechten gewohnt sind. Die Zöglinge bedienen sich dabei der Bretter mit erhöhten und vertieften Feldern, sowie genagelter und ungenagelter Figuren statt schwarzer und weisser, orientieren sich mit ihren Händen und bringen es öfter zu einer ganz erstaunlichen Fertigkeit in diesem edlen, anregenden Spiele. Die vier besten Spieler erhalten zur Erinnerung kleine Prämien, der erste von ihnen gilt als "Spielkaiser" für das folgende Jahr. Die weiblichen Blinden ringen in ähnlicher Weise um die Ehre im Damespiel. Am Nachmittag fand eine lustige Lotterie mit allerlei "nahrhaften" Gewinnsten statt, der Abend beschloss die Feier mit einer Reihe humoristischer Schüleraufführungen, zum Teil mit Anspielungen auf das Schul- und Anstaltsleben, Gesangs- und Instrumentalvorträgen und einem heiteren Kappentanz. Herr Direktor Dietrich und seine Beamten hatten wieder einmal alles aufgeboten, um den anvertrauten Zöglingen, sowie den zahlreichen Freunden und Angehörigen der Blinden, die mit ihnen die Halle füllten, einige Stunden ungetrübten Frohsinns zu bereiten."